Hallux valgus: Beschreibung

 

Von einem Hallux valgus spricht man, wenn die Großzehe (Hallux) zur Körperaußenseite (Valgusstellung) in Richtung der anderen Zehen abweicht und in dieser Fehlstellung dauerhaft verbleibt. Der Hallux valgus ist die häufigste Deformität im Vorfuß. Ob die Fehlstellung Schmerzen bereitet, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Manchmal führt selbst ein gering ausgeprägter Hallux valgus zu stärksten Schmerzen, während andere Menschen auch bei sehr starken Fehlstellungen der großen Zehe kaum Schmerzen empfinden. Mit steigendem Lebensalter nimmt die Häufigkeit zu, wobei Frauen ab 50 Jahren am häufigsten betroffen sind. Nach Schätzungen leiden in Deutschland etwa zehn Millionen Menschen an einem Hallux valgus.

 

So entsteht ein Hallux valgus

Als Ursachen für einen Hallux valgus werden vor allem eine länger andauernde Fehlbelastung des Vorfußes und eine familiäre Veranlagung angesehen. Eine Fehlbelastung kann beispielsweise durch das Tragen von Schuhen mit hohem Absatz und einengendem Vorfußbereich entstehen. Meist gehen dem Hallux valgus andere Fehlstellungen am Fuß voraus. Zum Beispiel kann er eine Folge des sogenannten Spreizfußes sein. Bei einem Spreizfuß ist das Quergewölbe des Fußes abgeflacht, sodass der Vorfußbereich übermäßig belastet wird. Der Hallux valgus kommt in manchen Familien häufiger vor als in anderen. Daher ist es nicht auszuschließen, dass eine bestimmte genetische Veranlagung zur Entstehung beiträgt.

 

Behandlungsform ist abhängig vom Schweregrad

Die Wahl der Hallux-valgus-Therapie hängt sehr davon ab, wie weit die Deformierung fortgeschritten ist. Lässt sich die Großzehe noch aktiv oder passiv zurück in ihre Normalposition bringen (= flexible Deformität) können nicht-operative, konservative Verfahren die Schmerzen meist wirkungsvoll lindern. Kann hingegen die große Zehe nicht mehr in die Normalposition gebracht werden (= fixierte Deformität), kommt in der Regel zur Hallux-valgus-Behandlung nur ein operativer Eingriff infrage.

 

Hallux valgus: Symptome

 

Der Hallux valgus ist mit bloßem Auge zu erkennen: Die große Zehe ist zur Körperaußenseite in Richtung der Nachbarzehen abgewinkelt. Eine zur Körperaußenseite gewandte Stellung wird als Valgusstellung bezeichnet, was für den Hallux valgus namensgebend ist. Diese Valgusstellung entsteht im Bereich des sogenannten Großzehengrundgelenks (Metatarsophalangealgelenk). Das Großzehengrundgelenk befindet sich zwischen dem ersten Mittelfußknochen (Os metatarsale I) und dem Grundglied der großen Zehe. Normalerweise bilden das Grundglied und der Mittelfußknochen eine weitgehend gerade Linie. Bei einem Hallux valgus ist das Grundglied der großen Zehe zur Körperaußenseite hin abgewinkelt, der Mittelfußknochen hingegen zur Körpermitte hin ausgerichtet. Eine Sonderform des Hallux valgus ist der sogenannte Hallux valgus interphalangeus. Dann ist der Winkel zwischen den Mittelfußknochen normal groß – allein die Zehenglieder der großen Zehe (Phalangen) weichen bei einem Hallux valgus interphalangeus in Richtung der anderen Zehen ab.

Bei einem Hallux valgus wird vor allem durch die Fehlstellung des Mittelfußknochens das Großzehengrundgelenk stark in Richtung des Fußinnenrandes gedrückt. Die Haut ist an dieser Stelle häufig gerötet und stark verdickt. Diese Stelle auf Höhe des Großzehengrundgelenks wird auch als Großzehenballen, der Hallux valgus selbst als Ballenzeh bezeichnet. Manchmal sieht es aus, als hätte sich an dieser Stelle neuer Knochen gebildet. Man bezeichnet das als Pseudoexostose (griechisch: pseudês „falsch“ und Exostose = Anbau neuer Knochensubstanz). Tatsächlich handelt es sich aber nicht um einen Anbau neuer Knochenmasse, sondern um das zum Fußinnenrand gedrückte Köpfchen des Mittelfußknochens und die darüber liegende geschwollene Haut.

 

Hauptsymptom beim Hallux valgus: Schmerzen

Normale Schuhe sind im Bereich des Vorfußes meist nicht breit genug, sodass bei einem Hallux valgus das herausgetretene Mittelfußköpfchen gegen den Schuh drückt. Die Folgen sind Rötung und Schwellung der Haut an dieser Stelle. Je stärker und anhaltender der Druck einwirkt, desto mehr werden die Haut, der Schleimbeutel am Gelenk und das Großzehengrundgelenk selbst geschädigt. Dies kann zu Schmerzen im Bereich des Grundgelenks beziehungsweise im Bereich der Mittelfußknochen führen (Metatarsalgie).

In vielen Fällen ist der Hallux valgus zunächst ein primär kosmetisches Problem. Durch die ständige Druckbelastung und die dadurch bedingten chronischen Entzündungen an der Haut und im Großzehengrundgelenk können die Hallux valgus Schmerzen im Laufe der Jahre aber immer stärker werden. Im schlimmsten Fall wird das Großzehengrundgelenk dabei so stark geschädigt, dass es dort nach einigen Jahren zu Gelenkverschleiß (Arthrose) kommt.

 

Hallux valgus: Ursachen und Risikofaktoren

 

An der Entstehung eines Hallux valgus sind nach Ansicht von Experten mehrere Faktoren beteiligt. Das Schuhwerk hat dabei einen entscheidenden Einfluss: Schuhe mit hohem Absatz und Schuhe, welche die Zehen einengen, sind ein bedeutender Risikofaktor für die Entstehung eines Hallux valgus. Durch einen hohen Absatz wirken auf die Zehengrundgelenke mindestens doppelt so große Kräfte ein. Die Hauptlast tragen dabei vor allem der erste Mittelfußknochen und die große Zehe. In engen Schuhen wird die große Zehe in die Richtung der anderen Zehen gedrückt, was nach einiger Zeit zu einer bleibenden Fehlstellung führen kann. Dabei spielt sicherlich auch eine Rolle, wie lange und häufig solche Schuhe getragen werden. Wer sie nur für spezielle Anlässe und damit selten trägt, muss kein schlechtes Gewissen haben. Problematisch ist vor allem der dauerhafte und zu häufige Einsatz eines solchen Schuhwerks.

Einem Hallux valgus geht häufig eine andere Fußfehlstellung voraus: der Spreizfuß. Dabei flacht das Quergewölbe im Vorfußbereich ab und die Mittelfußknochen weichen auseinander. Dadurch wird der Vorfußbereich deutlich stärker belastet, was schließlich zur Entstehung eines Hallux valgus führen kann. Ein Spreizfuß macht kaum Beschwerden, weswegen er häufig unentdeckt bleibt. Schwielen an den Fußsohlen können ein Hinweis auf das Vorliegen eines Spreizfußes sein. Unbehandelt stellt er einen wichtigen Risikofaktor für die Entstehung eines Hallux valgus dar.

Daneben scheint auch eine familiäre Veranlagung bei der Entwicklung des Hallux valgus ursächlich zu sein. Meist sind in einer Familie mehrere Familienmitglieder betroffen. Dabei wird nicht die Deformität der Zehe an sich vererbt, sondern die Neigung zu schwachem Bindegewebe. Wenn Eltern von einem Hallux valgus betroffen sind, ist eine erhöhte Wachsamkeit bei ihren Kindern sinnvoll. Durch eine regelmäßige Überprüfung des Fußes auf Deformitäten kann gegebenenfalls frühzeitig gegengesteuert werden. Fußfehlstellungen wie der Spreizfuß oder der Hallux valgus können vor allem im Kinder- und Jugendalter beeinflusst werden, wenn der Körper sich noch im Wachstum befindet.

Bei der Entstehung eines Hallux valgus spielt zudem ein sehr interessanter Effekt eine wichtige Rolle: Auch wenn die Fehlstellung der großen Zehe noch gering ausgeprägt ist, kommt es zu einer Störung des muskulären Gleichgewichts an der Großzehe: Da das Grundglied der großen Zehe und der erste Mittelfußknochen nicht mehr auf einer geraden Achse liegen, ziehen die Muskeln an der großen Zehe in eine andere Richtung, als dies bei einem gesunden Fuß der Fall ist. Durch die veränderte Zugrichtung der Muskeln wird die Fehlstellung damit sogar nach und nach weiter verstärkt. Je stärker die Abweichung der großen Zehe, desto stärker ist der Zug in die „falsche“ Richtung. Dieser Teufelskreis macht deutlich, dass eine frühzeitige Behandlung bei einem Hallux valgus sinnvoll ist.

Seltene Ursachen für einen Hallux valgus sind eine angeborene Fehlstellung der großen Zehe, rheumatische Erkrankungen mit Deformierung der Gelenke sowie ein in Fehlstellung verheilter Knochenbruch.

 

Hallux valgus: Untersuchungen und Diagnose

 

Um einen Hallux valgus festzustellen, sind keine aufwendigen diagnostischen Maßnahmen notwendig. In der Regel reichen für eine sichere Diagnose des Hallux valgus der geschulte Blick und die körperliche Untersuchung eines Arztes aus. Der richtige Ansprechpartner bei einem Hallux valgus ist ein Orthopäde oder ein Fußchirurg. Auch der Hausarzt kann als erste Anlaufstelle dienen. Neben der körperlichen Untersuchung kann manchmal auch ein Röntgenbild nötig sein. Dieses wird im Stehen aufgenommen, während das Gewicht des Körpers auf dem Fuß lastet (Belastungsaufnahme). Ein MRT-Bild (Magnetresonanztomografie, „Kernspin“) des Fußes wird im Regelfall nicht benötigt, sondern nur bei speziellen Fragestellungen angefertigt.

 

Hallux valgus: Behandlung

 

Je nachdem wie stark die Fehlstellung der großen Zehe ausgeprägt ist, kommen unterschiedliche Formen der Hallux-valgus-Therapie in Frage. Lässt sich die große Zehe noch aktiv oder passiv in ihre Normalstellung bringen, werden konservative, nicht-operative Maßnahmen angewendet. Dazu zählen eine Hallux-valgus-Schiene, Polsterungen, Einlagen sowie Fuß- und Zehengymnastik. Lässt sich damit eine Normalstellung nicht mehr erreichen, kann meist nur noch eine Operation den Schmerz dauerhaft verringern. Alles Wissenswerte über die Hallux-valgus-Operation und die Hallux-valgus-Schiene erfahren Sie in den entsprechenden Beiträgen.

Neben der Hallux-valgus-Therapie durch den Arzt können Betroffene aber auch selbst aktiv werden: Eine regelmäßige Zehengymnastik ist in jedem Fall einen Versuch wert. Passende Übungen sind zahlreich im Internet zu finden. Geben Sie dazu die Suchbegriffe „Fußgymnastik hallux valgus“, „Zehengymnastik hallux valgus“ oder „hallux valgus gymnastik“ ein. Sie werden dort auch Videos mit entsprechenden Übungen finden. Durch regelmäßige Zehengymnastik werden die Muskulatur und Sehnen im Fuß gestärkt. Dies ist vor allem vorbeugend oder bei schwach ausgeprägtem Hallux valgus sinnvoll. Eine sehr einfache Maßnahme zur Hallux valgus Behandlung ist es, öfter barfuß zu laufen.

 

Hallux valgus: Krankheitsverlauf und Prognose

 

Ohne eine Behandlung wird die Fehlstellung der großen Zehe bei einem Hallux valgus im Laufe von Jahren stärker. Schließlich kann es durch den ständigen Druck auf das Großzehengrundgelenk zu Gelenkverschleiß (Arthrose) in diesem Gelenk kommen.

Die Prognose bei Hallux valgus hängt stark davon ab, ob sich der Mensch noch im Wachstum befindet. Bei Kindern und jungen Erwachsenen ist eine Korrektur der Fehlstellung allein durch konservative Maßnahmen wie beispielsweise eine Schiene möglich. Ist das Wachstum dagegen abgeschlossen, kann eine Fehlstellung der Knochen kaum noch ohne Operation beeinflusst werden. Dieser Lehrmeinung schließen sich allerdings nicht alle Ärzte an. Wichtigstes Ziel der Hallux valgus Behandlung ist es, bestehende Schmerzen ganz auszuschalten oder zumindest deutlich zu reduzieren. Ist die Fehlstellung noch aktiv oder passiv korrigierbar (= flexible Deformität), können nicht-operative Verfahren die Schmerzen meist wirkungsvoll lindern. Kann die große Zehe nicht mehr in ihre Normalstellung gebracht werden (= fixierte Deformität), ist eine Operation meist die einzig weiterführende Behandlungsoption um Hallux-valgus-Schmerzen auszuschalten oder zumindest zu reduzieren.

 

Arbeits- und Sportunfähigkeit nach der Operation

Nach der chirurgischen Korrektur eines Hallux valgus muss man für eine gewisse Zeit mit einer Arbeits- und Sportunfähigkeit rechnen. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit richtet sich danach, welchen Beruf man ausübt. Für die meisten Berufe sollte man etwa volle vier Wochen Arbeitsunfähigkeit einkalkulieren. Bei körperlich anstrengenden Berufen kann die Arbeitsunfähigkeit aber durchaus auch zehn Wochen betragen. Eine wiederhergestellte Arbeitsfähigkeit bedeutet dann nicht, dass man gleich auch wieder in vollem Umfang Sport treiben kann. Nach dem Eingriff müssen sich Bänder und Gelenke zunächst an die Belastung gewöhnen und die Koordination muss neu trainiert werden. Die Sportfähigkeit ist nach einer Operation eines Hallux valgus meist nach etwa zwölf Wochen wieder gegeben.